Landrat und Stadtchef treffen sich in Waren
Experiment Sozialamt - Bürgermeister macht mit
Waren / Lesedauer: 3 min
Nein, diesmal war er sich ganz sicher. Dass er mit der Presse über sein Gespräch am Dienstag mit dem Landrat nicht reden wollte, stieß Norbert Möller nicht um. Kein Telefonat erwünscht. „Er sagt dazu nichts“, hieß es aus seinem Sekretariat. Aber er schrieb dazu: „...Kein Bürger muss wegen einer Dienstleistung des Sozialamtes nach Neubrandenburg fahren. Darüber hinaus hat der Landrat nochmals bestätigt und betont, dass es sofort Veränderungen in der Zahl der Mitarbeiter ... des Sozialamtes vor Ort geben wird, wenn es wider Erwarten so nicht funktionieren sollte, wie man es sich vorstellt und plant.“
Das waren also die wichtigsten Worte, wegen der Heiko Kärger aus Neubrandenburg zum Stadtchef an die Müritz gekommen war, um hinter verschlossenen Türen das Thema Sozialamt noch mal ganz deutlich zu machen? Das Experiment Sozialamt kann also starten? „Keine Stellungnahme zum Brief“, lautete die Antwort der Sekretärin beim nächsten Versuch der verbalen Kontaktaufnahme.
"Auf diesen Mann kann man sich nicht verlassen"
Mehr zu sagen zur Sozialamts-Debatte hat Hartwig Kurth aus der Kreistagsfraktion AfD/FDP/FW: „Auf diesen Mann kann man sich nicht verlassen. Heute redet er so und morgen so. Ich frage mich inzwischen ernsthaft, warum er solche Gespräche, wie das jetzt abermals mit dem Landrat, überhaupt benötigt. Er muss doch einfach nur wissen, dass die Warener ihn gewählt haben und welche Bedeutung das Sozialamt für eine Stadt wie Waren hat.“ Möller sei lange genug auch stellvertretender Bürgermeister gewesen, um einschätzen zu können, was das Amt bedeute. „Besonders dramatisch finde ich, dass Norbert Möller sein Kreistagsmandat öffentlich zur Privatsache erklärte. Bei der Einstellung würde ich mein Kind niemals in seinen Unterricht geschickt haben,“ so Kurth weiter. Es gehe um Hilfe für die Armen und ohnehin Ausgegrenzten. Davon werde es immer mehr geben.
Demonstrationen gehen weiter
Das fürchtet auch Dieter Schröder, Chef der Warener Lebenshilfe und engagiert in der Bürgerinitiative „Für den Erhalt der Sozialämter“, und kann es sogar belegen - mit dem Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbandes. Danach beträgt die Quote von Armutsgefährdeten in MV bereits heute 23,6 Prozent (fast jeder Vierte, Anm. d. R.) und belegt nach Bremen den zweiten Platz bundesweit. „In den nächsten Jahren ist damit zu rechnen, dass besonders Rentner von Armut betroffen sein werden, die keine durchgehende Arbeitsbiografie haben. Sie werden dann zu sogenannten Aufstockern, müssen sich also dann zusätzlich Sozialhilfe holen“, so Schröder. Der Kreis der Personen, die auf ein funktionierendes Sozialamt angewiesen seien, werde also noch größer. „Noch haben wir nicht viel erreicht. Das Sozialamt in Waren zieht um. Deshalb gehen wir wieder auf die Straße. Solange, bis bei den Verantwortlichen der Groschen gefallen ist. Wir dürfen aus Verantwortung für die Menschen, die wir vertreten, nicht schweigen“, sagte Schröder.