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Warener Sozialamt muss sofort umziehen

Kärger-Kommando bestraft den Widerstand

Waren / Lesedauer: 4 min

Das war deutlich. Statt Ende des Monats müssen die Mitarbeiter des Warener Sozialamtes schon jetzt ihre Bündel für den Umzug nach Neubrandenburg schnüren. Offiziell begründet wurde das nicht.
Veröffentlicht:03.02.2015, 19:21
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Darf der das? Der darf das. Und er hat es getan. Landrat Heiko Kärger (CDU) ordnete am Dienstag ad hoc an, dass die Mitarbeiter des Warener Sozialamtes wesentlich eher als geplant nach Neubrandenburg umziehen. Sozialamts-Chefin Margit Juhnke durfte die Botschaft persönlich überbringen. Eine Dienstreise quasi in ein Amt, dass es ab heute nicht mehr in gewohnter Weise geben wird. Nicht, wie vorgesehen erst zum Endes des Monats hin, sondern schon ab kommenden Montag, 9. Februar, werden die ersten Sozialamtsmitarbeiterinnen ihre Geschäfte von der Kreisstadt aus erledigen. Eine Begründung blieb aus, war im Amt zu erfahren. Nur so viel hatte Juhnke zu sagen, es sei vom Landrat festgelegt worden.

Mitarbeiter schwer enttäuscht

„Damit hatten wir nicht gerechnet und auch eine Begründung für die Entscheidung erwartet. Wir können doch nicht so einfach alles stehen und liegen lassen und Umzugskartons packen“, empörten sich die Mitarbeiterinnen. Sie möchten anonym bleiben, um weiteren Reaktionen ihres Dienstherren aus dem Weg zu gehen. Denn für viele steht fest: „Das war Schikane. Das ist boshaft und ganz offensichtlich eine Retourkutsche für den Widerstand unter der Bevölkerung.“

Diesen Verdacht konnte die Sprecherin der Kreisverwaltung, Haidrun Pergande, gegenüber dem Nordkurier nicht ausräumen. Befragt nach der Begründung des Kärger-Kommandos sagte sie: „Die Demonstranten verbinden doch eine Hoffnung mit ihrer Aktion. Aber es wird kein Zurück geben, und es wird umgezogen. Daran soll kein Zweifel gelassen werden.“ Will heißen: Der Warener Widerstand wurde bestraft.  Denn von der Müritz gingen im Kampf um den Erhalt der Sozialämter in Waren, Röbel, Demmin und Neutrelitz die intensivsten Aktionen aus. 

Demonstranten geben nicht auf

„Jetzt erst recht!“, versicherte am Dienstagabend Dieter Schröder, Chef der Warener Lebenshilfe. Er hatte die Demos initiiert und möchte auch am Donnerstag um 10.30 Uhr auf dem Neuen Markt in Waren möglichst viele Menschen dafür gewinnen, „sich das alles nicht gefallen zu lassen“. Und er geht noch weiter: „Das, was hier mit den Menschen gemacht wird, das ist Rechtsbeugung. Denn der Landkreis gibt den Antragstellern nicht wie vom Gesetz gefordert, auf zumutbarem Wege zu bekommen, was ihnen zusteht.“ Die Demos seien noch nicht das Ende des Widerstandes.

Alles gestrichen: Jetzt müssen sie packen

Eigentlich sollten ab kommenden Montag die Sozialamtsmitarbeiter aus Neustrelitz in die Neubrandenburger Hochstraße ziehen. Das wurde nun kurzerhand getauscht. Mit Konsequenzen, denn im Sozialamt an der Müritz waren die Angestellten nicht auf Umzug, sondern noch etliche Tage auf ihren eigentlichen Job eingestellt: Termine, Gespräche mit Betroffenen, Akteneinsicht, Hausbesuche und Telefonate: Alles gestrichen, denn ab nun wird gepackt. Und nicht nur das. „Wir müssen auch die Technik hier selbst abbauen. Außerdem sind einige Kolleginnen im Urlaub, es sind ja Ferien, und da müssen wir ihre Schreibtische auch leer räumen. Wir haben die meisten, die gerade frei haben, aber informiert“, sagte eine Sprecherin aus dem Sozialamt. In der nächsten Woche werde das Amt wegen des Umzugs gar komplett geschlossen. Ausgerechnet! Es stehen schließlich mit den sogenannten Hilfekonferenzen wichtige Gespräche an von denen abhängt, ob Leute Geld und Beistand bekommen. Was wird nun daraus? „Wir wissen es nicht“, ist man im Amt ratlos. Ratlos, das sind etliche Frauen aus der Behörde nicht nur im Sinne ihrer Klienten, sondern auch privat. Viele haben kleine Kinder. Wohin nun mit denen, wenn es viel eher als gedacht von Zuhause nach Neubrandenburg geht?